Schlechte Aussichten: Friedensgespräche mit der ELN in der Krise
Nun ist die Möglichkeit einer baldigen Verhandlungslösung dieses Konflikts wieder in weite Ferne gerückt. Substanzielle Fortschritte noch vor dem Ende der Amtszeit von Präsident Santos im August dieses Jahres sind unwahrscheinlich. Denn mit dem neuen Jahr nahm auch der Wahlkampf an Fahrt auf. Am 11. März finden die Kongresswahlen statt und zwei Monate später steht die erste Runde der Präsidentschaftswahlen an. Santos, der 2016 für den Friedensschluss den Friedensnobelpreis erhielt, darf nach zwei Amtszeiten in Folge nicht mehr antreten.
Angesichts dessen gerät das politische Gefüge ins Rutschen. Die Regierungskoalition der Nationalen Einheit, die Santos aus konservativen und liberalen Kräften zusammenschusterte und die den Friedenskurs lange mittrug, ist schon jetzt weitgehend zerbrochen. Einstige politische Verbündete setzen sich vom Regierungschef ab, weil sie zum in der Bevölkerung umstrittenen Friedenskurs und dem laut Umfragen sehr unbeliebten Staatschef auf Distanz gehen wollen. Denn es ist absehbar, dass der extrem rechte Flügel der Partei Centro Democrático um Ex-Präsident Álvaro Uribe, wie schon vor vier Jahren, das Thema Sicherheit und den vermeintlichen Linksterrorismus mit Erfolg zu einem zentralen Wahlkampfthema machen wird. Zahlreiche Beobachter konstatierten dann auch, dass Attentate der ELN, wie jene auf die Polizeistationen, vor allem Uribe in die Karten spielten, der sich erneut für einen Sitz im Senat bewirbt und einen Präsidentschaftskandidaten in Rennen schickt.
Die ELN hingegen argumentiert, ein Herunterfahren der Konfliktintensität müsse ein beidseitiges Unterfangen sein, und nimmt für die anhaltenden Morde an sozialen Aktivisten die Regierung in die Pflicht. 2017, so die UNO, wurden mehr als 100 Menschenrechtsaktivisten getötet, 21 waren es nach Zahlen der NGO Indepaz allein im Januar dieses Jahres. Hinzu kommen mehr als 30 getötete ehemalige FARC-Guerilleros. Alle bisherigen Schutzmaßnahmen, wie unter anderem ein Frühwarnsystem für bedrohte Aktivisten, sind bislang weitgehend ohne Erfolg geblieben.
Das Klima hat sich geändert
Andererseits liegt es auch am Organisationsschema und Selbstverständnis der ELN, dass die Verhandlungen bisher ohne Fortschritte in der eigentlichen Verhandlungsagenda verlaufen sind. Anders als die FARC ist die ELN deutlich föderaler und demokratischer organisiert und die Verhandlungslösung lediglich eine mögliche Option in der strategischen Ausrichtung. Für die FARC war der Friedensschluss seinerzeit das klar definierte politische Ziel, dem sie alles andere unterordneten. Im politischen Kurs der ELN hingegen stehen zwei Wege nebeneinander, die sich gegenseitig nicht immer gut vertragen: Der bewaffnete Widerstand einerseits und Friedensgespräche andererseits. Mit der Wiederaufnahme der Offensivaktionen nach dem Ende des Waffenstillstands scheinen innerhalb der ELN derzeit jene Einheiten den Takt vorzugeben, die den Weg des offenen Konflikts bevorzugen.
Die sogenannte Unterstützergruppe GPAAC, die aus Vertretern Deutschlands, Italiens, der Niederlande, Schwedens und der Schweiz besteht, bemüht sich derzeit in dieser vertrackten Situation als Vermittler. Deutschland wird darin durch Tom Koenigs (Grüne) vertreten, der nach wie vor Sonderbeauftragter der Bundesregierung für den Friedensprozess in Kolumbien ist, obwohl diese lediglich geschäftsführend im Amt ist. Dass die GEPAAC eine mindestens gleichwertige Rolle einnimmt wie die eigentlichen Garantiestaaten Kuba, Brasilien, Venezuela, Chile, Norwegen und Ecuador, dürfte einer weiteren Tatsache geschuldet sein: Das internationale Klima in der Region hat sich im Vergleich zu der Zeit der Verhandlungen mit der FARC gewandelt. Mittlerweile werden Argentinien, Brasilien, Ecuador und Chile nicht mehr links regiert und ohne die verstorbenen linken Galionsfiguren Fidel Castro in Kuba und Hugo Chávez in Venezuela fehlen zwei wichtige Vertrauenspersonen für die Rebellen. Zudem hat sich das Verhältnis zwischen Kolumbiens Regierung und Chávez´ Nachfolger Maduro nicht zuletzt durch die innenpolitischen Probleme in Venezuela deutlich abgekühlt. Der Wechsel in den USA von Barack Obama zu Donald Trump erschwert die Sache zusätzlich.
David Graaff arbeitet als freier Journalist in Kolumbien.
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