AUKUS, Quad und „Indopazifik“
Der japanische Premierminister Shinzo Abe hatte das Quad-Bündnis 2007 als Sicherheitsdialog initiiert. In der Erklärung nach dem ersten formellen Treffen der Quad-Staaten am 12. März 2021 wird der Sicherheitsbegriff im Sinne von strategischer Sicherheit verwendet. Vor dem jüngsten Quad-Treffen am 24. September haben sowohl die USA als auch Indien bestritten, dass es sich um ein Militärbündnis handele, obwohl die Quad-Länder gemeinsame Marineübungen durchführen – die Malabar-Übung – und verschiedene Militärabkommen unterzeichnet haben. Die gemeinsame Erklärung der Quad-Gruppe vom 24. September konzentriert sich mehr auf andere „Sicherheitsthemen“: Gesundheits-, Lieferketten- und Cybersicherheit.
Nukleare U-Boote für Australien
Doch ebenfalls vor dem Quad-Treffen in Washington sagten die USA und das Vereinigte Königreich im Rahmen des AUKUS-Abkommens der Lieferung von acht Atom-U-Booten an Australien zu. Zuvor hatten die USA die nukleare U-Boot-Technologie an das Vereinigte Königreich übertragen, das hier als Subunternehmer auftritt. Atom-U-Boote dienen im Gegensatz zu dieselbetriebenen U-Booten nicht zur Verteidigung. Sie werden für Kraftdemonstrationen weit weg von zu Hause eingesetzt. Ihre Fähigkeit, große Entfernungen zurückzulegen und lange Zeit unter Wasser zu bleiben, macht sie zu effektiven Angriffswaffen gegen andere Länder.
Die Lieferung amerikanischer Atom-U-Boote an Australien, die bombenfähiges Uran verwenden, verstößt gegen den Atomwaffensperrvertrag (NVV) und die Protokolle der Internationalen Atomenergiebehörde. Wenn man bedenkt, dass die Vereinigten Staaten nicht wollen, dass der Iran Uran über 3,67 Prozent anreichert, schlägt dies eine große Kerbe in die sogenannte regelbasierte internationale Ordnung – es sei denn, ihre Regeln werden ausschließlich durch die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten bestimmt.
Mit dem AUKUS-Abkommen kündigt Australien seinen früheren Vertrag mit Frankreich über die Lieferung von zwölf dieselbetriebenen U-Booten. Die Franzosen sind wütend darüber, dass sie vor dieser Absage nicht konsultiert wurden. Stattdessen hat Washington den US-Medien und -Denkfabriken diskret zugespielt, dass Australien im Gegenzug Marine- und Luftwaffenstützpunkte bereitstellt. Mit anderen Worten schließt sich Australien den Vereinigten Staaten und dem Vereinigten Königreich in einem Militärbündnis im „Indopazifik“ an.
In der Vergangenheit unterstützte der französische Präsident Emmanuel Macron die US-Politik zur Eindämmung Chinas. Frankreich nahm an Marineübungen teil, die den Schutz der Freiheit der Schifffahrt im Südchinesischen Meer zum Ziel hatten. Frankreich hatte dem US-Projekt sogar seine Kolonien auf den pazifischen Inseln – ja, Frankreich hat immer noch Kolonien – und seine Marine angeboten, um China im Indopazifik einzudämmen. Die Vereinigten Staaten halten diese Inseln jedoch für weniger strategisch wertvoll als Australien und sind daher bereit, sich der Wut Frankreichs zu stellen. In der Weltsicht der Vereinigten Staaten werden sowohl die NATO als auch das Quad-Bündnis zugunsten einer neuen militärischen Strategie eines Vorstoßes gegen China auf See herabgestuft.
Da Australiens Produktionskapazitäten gering sind, würde das Bauen der erforderlichen Infrastruktur zur Herstellung des hochangereicherten Urans voraussichtlich mindestens zwanzig Jahre dauern. Aus diesem Grund sind Marine- und Luftwaffenstützpunkte in Australien geplant, wobei die USA die Atom-U-Boote und Jagdbomber zur Verfügung stellen.
"Indopazifik" - Ein Begriff der Neo-Kolonialisten
Der Begriff „Indopazifik“ kann für die Vereinigten Staaten, das Vereinigte Königreich und sogar Australien, die im Wesentlichen maritime Nationen sind, sinnvoll sein. Das Bild dreier Seemächte, von denen zwei koloniale Siedler sind und die dritte die einstmals größte Kolonialmacht ist, die von einer regelbasierten internationalen Ordnung sprechen, gefällt dem Großteil der Welt nicht. Ozeane sind wichtig für Seemächte, die ihre Seeherrschaft nutzten, um Kolonien zu gründen. Das war die Grundlage der Dominanz der britischen, französischen und später der amerikanischen imperialen Macht. Deshalb haben sie alle große Flugzeugträger: Sie sind Seemächte und glauben, dass die Kanonenbootdiplomatie, mit der sie ihre Imperien aufgebaut haben, immer noch funktioniert.
Hinter der Rhetorik über den Indopazifik und die „offene See“ verbirgt sich das Spiel der Vereinigten Staaten in Südostasien. Doch gerade dort stößt die Rede vom Indopazifik bei den meisten Menschen kaum auf Resonanz. Das Hauptinteresse gilt der Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP), das Freihandelsabkommen, das von den ASEAN-Staaten angeführt wird. Auch ohne die USA und Indien ist der 15-köpfige Handelsblock mit 30 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts und dem Anteil der Weltbevölkerung die größte Handelszone der Welt. Zwei Quad-Partner – Japan und Australien – sind im RCEP.
Die strategische Vision der USA besteht darin, ihre Seemacht gegen China zu demonstrieren und sogar, um die Kontrolle über chinesische Gewässer und Wirtschaftszonen zu kämpfen. Das steht in der kürzlich freigegebenen US Pacific Strategy Doctrine von 2018. Laut dieser Doktrin besteht die Marinestrategie darin, China die anhaltende Luft- und Seeherrschaft innerhalb der ersten Inselkette zu verweigern und alle Gebiete außerhalb davon zu dominieren. Dieses Dokument ist ein gutes Lehrbeispiel.
Dafür wollen die USA die Streitigkeiten ausnutzen, die die Philippinen, Vietnam, Indonesien, Thailand oder Malaysia mit China über die Grenzen ihrer exklusiven Wirtschaftszonen führen. Während einige dieser Länder die USA durchaus um Unterstützung bitten mögen, teilt keines dieser südostasiatischen Länder die amerikanische Auslegung der Schifffahrtsfreiheit, nach der sie ihre FONOPS (Freedom of Navigation Operations) durchführen. Auch Indien musste auf eigene Kosten in Lakshadweep feststellen, dass die Definition der USA von Schifffahrtsfreiheit nicht zu seiner Definition passt. Bei all dem Gerede über eine regelbasierte Weltordnung haben die Vereinigten Staaten das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (UNCLOS) nicht unterzeichnet. Wenn also Indien und andere Partner der Vereinigten Staaten die Erklärungen zur amerikanischen Schifffahrtsfreiheit akzeptieren, akzeptieren sie ein Verständnis der Schifffahrtsfreiheit, das nicht dem ihrigen entspricht.
Eine Lücke im NVV
Der NVV von 1973 schuf zwei Klassen von Ländern. Auf der einen Seite die, denen eine Reihe von Technologien erlaubt sind, die zu bombentauglichem Uran oder Plutonium führen könnten, und auf der anderen Seite jene, denen diese Technologien verweigert werden. Es gab jedoch eine U-Boot-Lücke im NVV und den ergänzenden Dokumenten der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) für die friedliche Nutzung der Atomenergie. Gemäß dem NVV müssen Vertragsstaaten, die bisher keine Kernwaffen besitzen, alle Kernmaterialien von der IAEO überwachen lassen, mit Ausnahme von Kernmaterial, das für nichtexplosive militärische Zwecke bestimmt ist. Bisher hatte kein Land dieses U-Boot-Schlupfloch genutzt, um bei waffenfähigem Uran der Kontrolle zu entgehen. Wenn Australien von dieser Ausnahme Gebrauch macht, wie werden die USA dann weiterhin gegen das Recht des Iran argumentieren, Uran beispielsweise für Atom-U-Boote anzureichern, was im Rahmen seines NVV-Rechts wäre?
Australien hätte diesen Weg nicht gehen müssen, um zu Atom-U-Booten zu gelangen. Die französischen U-Boote, die es gekauft hatte, waren ursprünglich Atom-U-Boote, die niedrig angereichertes Uran verwenden. Frankreich war dabei die Dieselmotoren nachzurüsten, wodurch sich die Lieferungen nach Australien verzögerten. Wie es scheint, will aber Australien unter der Führung des derzeitigen Premierministers Scott Morrison in der Nachbarschaft seine Muskeln spielen lassen und hat sich deshalb mit Big Brother zusammengetan.
Wenn Südostasien für das Weiße Haus der Schauplatz ihres Kampfes gegen China ist, ist Australien ein sehr nützliches Sprungbrett, um diesen Kampf zu führen. Das Gerede von Indopazifik ist nur ein Deckmantel für einen geostrategischen Wettbewerb zwischen den USA und China um Südostasien. Pech für die USA: Ost- und Südostasien haben gegenseitige wirtschaftliche Interessen, die sie einander näherbringen. Australien, mit seiner brutalen siedlerkolonialen Vergangenheit mit Völkermord und neokolonialen Interventionen in Südostasien, wird in diesen Ländern nicht als natürlicher Partner gesehen.
Prabir Purkayastha ist der Gründer und Chefredakteur von Newsclick, ein unabhängiges Medium, das über gesellschaftliche Auseinandersetzungen berichtet und alternative Perspektiven anbietet. Vom Beruf Ingenieur ist Purkayastha Mitgründer von Free Software Movement of India. Als aktives Mitglied der Bewegung Wissenschaft des Volkes arbeitet er zu den Themenfeldern in der Schnittmenge von Politik und Technologie.
Dieser Artikel ist eine stark redigierte und gekürzte Version des Originals, das am 3. Oktober 2021 in Newsclick erschienen ist.
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