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Saila Ruuth und Uta Wegner

Auf Altbewährtes vertrauen

Der derzeitige finnische Präsident Sauli Niinistö konnte sich schon bei der ersten Runde der Präsidentschaftswahl am Sonntag mit großer Mehrheit durchsetzen. Der ohnehin als haushoher Favorit geltende unabhängige Kandidat Niinistö aus dem liberal-konservativem Milieu wird somit weitere sechs Jahre im Amt bleiben.

Präsidentschaftswahlen sind in Finnland sehr stark personalisiert und spiegeln daher nicht die Zustimmungswerte für die Parteien wieder. Dass Niinistö in Finnland so populär ist, liegt vornehmlich an seiner Ausstrahlung. Bevor er vor sechs Jahren Präsident wurde, konnte er als Abgeordneter der National Konservativen Partei (NKP) stets viele Wählerstimmen auf sich vereinen. Anlässlich der jetzigen Wahlen konnte er 156.000 Unterschriften sammeln – extrem viele für finnische Verhältnisse. Dies war nötig, da er als unabhängiger Kandidat antrat. Die NKP hatte die Befürchtung, dass er als ihr Kandidat nicht so erfolgreich werden würde. Selbst Teile der Linken schätzen den Politiker, was unter anderem daran liegt, dass er sich bisher nicht offen für einen NATO-Beitritt ausgesprochen hat – ein hochsensibles Thema in Finnland.

Seine Persönlichkeit wird bisweilen auch höher geschätzt als seine Politik. In seiner Zeit als Finanzminister (1996-2003) nach der großen Depression in Finnland, die die Wirtschaft zum Erliegen brachte, verfolgte er eine harte Sparpolitik. Die Mehrheit tolerierte dies jedoch, da viele Finnen der Meinung waren, es sei verantwortungsvoll, bei Öffentlichen Diensten und Sozialleistungen zu kürzen, wenn es dazu beiträgt, den Haushalt zu sanieren.

Zu seiner unangefochtenen Führungsposition trägt sicherlich auch bei, dass er der amtierende Präsident ist und in seiner Amtszeit keine gravierenden Fehler begangen hat. Er wird als Sinnbild des glaubwürdigen, verlässlichen graumelierten Herren wahrgenommen. In turbulenten Zeiten wie diesen sieht man Veränderungen nicht so gern und vertraut auf das Altbewährte, so die Meinung vieler Finnen.

Obwohl das Ergebnis keine Überraschung ist, lohnt sich ein Blick auf die Konkurrenz. Pekka Haavisto, der Kandidat der Grünen, der Niinistö vor sechs Jahren herausforderte (er unterlag in der Stichwahl mit 37 Prozent), lag in den Umfragen zuletzt nur bei 13 Prozent. Alle anderen Kandidaten liegen abgeschlagen im einstelligen Bereich. Den Grünen gelang es diesmal nicht, eine enthusiastische Kampagne zu führen wie 2012.

Die politische Diskussion drehte sich im Wahlkampf vornehmlich um Sicherheits- und Außenpolitik, die Bereiche, in denen der Präsident echte Kompetenzen hat. Vor sechs Jahren wurde die Debatte auch über allgemeine Werte geführt, was dem warmherziger und menschlicher wirkenden Haavisto zum Vorteil gegen Niniistö gereichte. Dieses Mal ging es allerdings um einen möglichen NATO-Beitritt, welches Sicherheitsrisiko Russland darstellt und die Größe der Armee; alles Kernthemen von Niinistö.

Der Wahlkampf war sehr träge, da Niinistö auf starke Unterstützung unter den Wählern aus nahezu allen Lagern bauen konnte. Es war schwierig, selbst aktive Parteimitglieder zu mobilisieren, da der Sieg Niinistö's als gegeben galt. Darüber hinaus stellten die Sozialdemokraten (SDP), die rechtspopulistischen Die Finnen, die sozialliberale Schwedische Volkspartei (SFP), und die sozialliberale Zentrumspartei (KESK) eigene Kandidaten auf. Daneben trat auch der unabhängige Paavo Väyrynen an.

Das ökosozialistische Linksbündnis (Vasemmistoliitto), das bei den letzten Wahlen sieben Prozent holte, schickte mit Merja Kyllönen eine sehr bürgernahe, bodenständige Politikerin ins Rennen. Sie war von 2011 bis 2014 Transportministerin und wurde anschließend ins Europaparlament gewählt. Genauso wie Tuula Haatainen, die Kandidatin der SDP, versuchte sie den sicherheitspolitischen Themen eine andere Perspektive entgegenzusetzen. Für Kyllönen sind die wachsende Ungleichheit in der Gesellschaft, der Klimawandel sowie wachsende Vorurteile und Rassismus die größten Sicherheitsbedrohungen in Finnland. Sie setzt sich für Friedensarbeit und Konfliktvermeidung statt militärischer Aufrüstung ein. Diese Botschaft zu vermitteln war jedoch nicht einfach, da die Mehrheit der Finnen Russland historisch als das größte Sicherheitsrisiko ansieht. Aber sie sträuben sich gleichzeitig gegen eine mögliche NATO-Mitgliedschaft, aus Furcht, dies würde Russland verärgern und Finnland so einem Risiko aussetzen. Kyllönen wurde denn auch Naivität unterstellt, utopische Visionen, die nicht real umsetzbar seien.

Dennoch spricht ihre Persönlichkeit breite Bevölkerungsschichten an. Ihre direkte und offene Art kommt auch bei denen an, die nicht ihre politische Meinung teilen.

Das Ergebnis wirkt auf die Parteipolitik

Auch wenn die Wahl des Präsidenten eher symbolischer Natur ist, hat sie doch Auswirkungen auf die Parteipolitik. Die geringen Zustimmungswerte für die Zentrumspartei werden für Premierminister Juha Sipilä auf dem Parteitag im nächsten Juni Konsequenzen nach sich ziehen. Auch die Sozialdemokraten werden über die weitere Entwicklung debattieren müssen, da ihre Kandidatin sehr schlecht abschnitt. Es könnte auch eine Entscheidung über die weitere Bedeutung der rechten Finnen bedeuten. Ihr schwaches Abschneiden könnte sich bei den Parlamentswahlen im nächsten Jahr wiederholen und deren Regierungsbeteiligung beenden.

Insgesamt wird mit Niniistö der Wunsch vieler Finnen nach einem Landesvater erfüllt, der Finnlands Interessen gleichermaßen gen Osten und Westen vertritt. Finnlands Präsident verurteilte die russische Annektion der Krim sowie die Kampfhandlungen in der Ostukraine. Dennoch ist als direkte Nachbarn ein gutes Verhältnis mit Russland von großer Bedeutung, was das Zögern bezüglich eines NATO Beitritts und die guten Beziehungen zu Präsident Putin erklärt. Ebenso ist die Mitgliedschaft in der EU zentral.

Niinistö ist sicher kein Freund einer keynesianischen Wirtschaftspolitik. So warnte er in seiner Neujahrsansprache, dass der derzeitige Wirtschaftsaufschwung nicht zu übertriebenen Investitionen führen sollte. Außenpolitisch beklagte er den geringen Einfluss der EU und der UNO, während globale Angelegenheiten von China, Russland und den USA entschieden werden. Zudem sprach er über die Gefahren des Klimawandels und bekräftigte Finnlands Verpflichtung, das Pariser Klimaabkommen einzuhalten.

Saila Ruuth ist für das finnische Linksbündnis (Vasemmistoliitto) im Vorstand der Europäischen Linken und arbeitet bei der Industriegewerkschaft.

Uta Wegner ist Referentin im Bereich Internationale Politik in der Bundesgeschäftsstelle der Partei DIE LINKE mit Schwerpunkt Osteuropa.

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