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Matyas Benyik und György Droppa

Wieder marschieren Neo-Nazis in Budapest

Bild: Krisztina Noé

Jedes Jahr Anfang Februar gedenken nationale und internationale rechtsextreme Gruppen des „Ausbruchs“ der deutschen und ungarischen Kräfte aus Budapest am 11. Februar 1945, das von allen Seiten von der Sowjetarmee umlagert war. Die Faschisten nennen es „Tag der Ehre”.

Jedes Jahr Anfang Februar gedenken nationale und internationale rechtsextreme Gruppen des „Ausbruchs“ der deutschen und ungarischen Kräfte aus Budapest am 11. Februar 1945, das von allen Seiten von der Sowjetarmee umlagert war. Die Faschisten nennen es „Tag der Ehre”.

Die Belagerung von Budapest dauerte 64 Tage und war einer der blutigsten Zusammenstöße des Krieges. Vor der kompletten Einkesselung Budapests verbot Hitler dem deutschen Militär die Stadt aufzugeben oder Fluchtversuche zu unternehmen. Die Kämpfe verlagerten sich dann auf die Straßen der Stadt mit ständig wechselnden Kampflinien.

Zwischen dem 24. und 27. Dezember gelang es der Roten Armee, die Buda-Seite der Stadt zu umzingeln. Im Dezember 1944 wurden zwei sowjetische Friedensgesandte bei dem Versuch umgebracht, ein Ultimatum zu übermitteln. Die Sowjets erreichten Pest im Januar und befreiten das Pest-Ghetto am 17. Januar. Die Belagerung von Buda begann am 20. Januar und hielt bis zum 11. Februar an.

Dies ist also der „Tag der Ehre“, den ungarische, deutsche und österreichische Neonazis zusammen mit Gleichgesinnten aus benachbarten Ländern, zum Beispiel der Ukraine, der Slowakei, Rumänien, oder Serbien, jedes Jahr Anfang Februar begehen. Laut ihrer Webseite wird der Marsch „in Erinnerung an jene ungarischen und deutschen Soldaten, die im 2. Weltkrieg Budapest und Westeuropa heroisch vor der bolschewistischen Roten Armee verteidigten“, organisiert.

Wie üblich protestieren einige der Budapester antifaschistischen Gruppen am 9. Februar gegen den „Tag der Ehre“. Etwa 150 mehrheitlich junge Menschen trugen rote Fahnen. Viele von ihnen sind enge Verbündete der Arbeiterpartei 2006 unter dem Vorsitzenden Attila Vajnai. Dieses Jahr war es den Neofaschisten verboten, sich rund um den Burgpalast zu versammeln, da dort seit diesem Jahr der neue Regierungsbezirk mit dem Büro von Premier Victor Orbán angesiedelt ist, gleich jener berüchtigten Periode zwischen den Weltkriegen unter dem langjährigen Staatsoberhaupt Miklós Horthy. Die ungefähr 300 ungarischen und internationalen Teilnehmer, die sich als die einzigen „Wahrer der Tradition“ betrachten, hielten ihre Demonstration dann auf der Buda-Seite in Varosmajor nahe des erneut getauften Széll-Kálmán-Platzes ab. Sie waren in Schwarz gekleidet, trugen SS-Uniformen und Hakenkreuze. Sie waren sogar bereit, zwanzig Euro Teilnahmegebühr zu zahlen und schienen sehr zufrieden, da ihnen derartige Demonstrationen in ihren Herkunftsländern verboten sind. Dieses Phänomen ist ein weiteres krasses Beispiel des Rechtsrucks in Ungarns politischer Landschaft. Auch, dass die regierende Fideszpartei rechte Geschichtsverfälschung ermutigt, ist für Ungarns Entwicklung alarmierend und gefährliche. Hinzu kommt die traurige Feststellung, dass keine der Oppositionsparteien die antifaschistischen Gegendemonstrationen unterstützt hat.

Die entscheidenste negative Entwicklung ist jedoch, dass die Oppositionsparteien mittlerweile die ehemals ultra-rechte Jobbik-Partei als „ihre Partnerin“ akzeptieren, während die Partei von Attila Vajnai aufgrund ihrer kommunistischen Wurzeln von der Anti-Orbán-Koalition ausgeschlossen wird.

Premier Victor Orbán hielt am 10. Februar seine achtzehnte Rede zur Lage der Nation auf dem Várkert Bazár am Fuße des Burgpalasts auf der Buda-Seite. Das erste Mal war der Ort für die Öffentlichkeit hermetisch abgeriegelt und umgeben von schweren, schwarz eingehüllten Betonblöcken. Das Publikum für Orbán’s Staatsrede wurde in großen Bussen herantransportiert. Die gesamte Opposition organisierte eine Demonstration, an der etwa 1000 Menschen teilnahmen, um vor dem Büro des Staatspräsidenten János Áder im Burgpalast gegen die Diktatur Orbáns zu demonstrieren.

Schon weit vor Orbáns Rede war klar, dass in Ungarn vor den Europawahlen eine neue politische Situation heranreift. So war es keine Überraschung, dass Orbán seine populistische Rhetorik weiter schärfte und behauptete, Ungarn sei die letzte Bastion im Kampf gegen die „Islamisierung“ Europas. Orbán nannte die ungarische Opposition „einen Haufen migrationsfreundlicher Politiker, die am Beatmungsschlauch von George Soros und EU-Bürokraten hängen“. Seine Rhetorik könnte in die Hände jener spielen, die fordern, dass Orbáns rechtspopulistische Fideszpartei aus der Fraktion der Europäischen Volkspartei im Europaparlament ausgeschlossen wird.

Dies waren die Vorboten des Besuchs von Mike Pompeo am 11. Februar in Budapest. Orbáns iliberales Regime wird im Fokus der Diskussionen stehen. Die U.S.-Diplomatie tritt in eine neue Phase der Beziehungen zu Ungarn ein, da Washington seine Bemühungen verstärkt, Russlands und Chinas wachsenden Einfluss über Mitteleuropa einzuschränken. Pompeo ist sichtlich besorgt über die Demokratieentwicklung, sein wahres Anliegen ist jedoch, die Sicherheitsbeziehungen mit Ungarn zu stärken und Verteidigungskooperationsabkommen zu schließen, also U.S. Luftverteidigungsraketen an die Region zu verkaufen.

Pompeo traf sich mit der ungarischen Zivilgesellschaft und lokalen Vertretern und wird auch ein neues Programm ankündigen, um die unabhängigen Medien in Mitteleuropa zu stärken. Orbán hat seinen Griff auf zivilgesellschaftliche Organisationen, Medienanstalten und die akademische Bildung verstärkt, um einen Staat nach dem Vorbild Russlands oder der Türkei zu formen.

 

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Wichtiger Hinweis: Namentlich gezeichnete Beiträge geben die persönliche Meinung der Autorin bzw. des Autoren wieder.